Sternenkind-Fotografie: Der härteste Job

Ein Interview mit dem Fotografen Joachim Lehmann, der sich für „Dein Sternenkind“ engagiert, eine Initiative, die Erinnerungsfotos als ein Geschenk für Eltern bietet, die entweder ein bereits totes Baby auf die Welt bringen müssen oder denen der Tod des Neugeborenen unausweichlich bevorsteht.

Vor kurzem hat Joachim Lehmann zum ersten Mal ein sterbendes Kind, keine drei Wochen alt, fotografiert, und über seinen „härtesten Auftrag“ einen bewegenden Text in seinem Blog geschrieben. Lest ihn euch bitte mal durch. Ich musste mehrfach schlucken, es ist ein wahnsinnig toller und trauriger Dienst, den Joachim und seine Kollegen da unentgeltlich anbieten. Außerdem sucht „Dein Sternenkind“ immer wieder Freiwillige, die sich vorstellen können, mitzumachen:

PHOTOGRAPHIE: Joachim, was muss ein Fotograf mitbringen, wenn er bei eurer Initiative mithelfen will?
Sozialer Rückhalt im eigenen Umfeld ist, wie ich finde, das Wichtigste. Wenn ich meine Familie und meine Freunde nicht hätte, könnte ich das emotional nicht leisten. Zuverlässigkeit muss eine Selbstverständlichkeit in diesen sehr schwierigen Situationen sein. Ohne Einfühlungsvermögen wird das auch nichts. Und natürlich muss technische Kompetenz mitgebracht werden, das wird durch Prüfung des Portfolios gewährleistet.

PHOTOGRAPHIE: Wie hast du von den Sternenkindern gehört? Was hat dich bewogen mitzumachen?
Ich habe davon auf Facebook gehört, eine Freundin hatte einen Beitrag kommentiert, so bin ich darauf aufmerksam geworden. Ich musste einige Tage überlegen, ob ich da mitmache, oder nicht. Ich habe mich letztlich dafür entschieden, weil ich selbst eigentlich einen großen Bruder hätte, der es aber ebenfalls nicht geschafft hat – Fotos gibt es von ihm nicht. Ob ich wirklich stark genug bin, um das zu machen, wusste ich auch erst dann sicher, als ich das Krankenhaus wieder verlies. Ich war es nicht, aber ich habe eben meine Familie und meine Freunde, die mir zuhören und helfen, wenn es mir nicht gut geht – das ergibt dann erst die Stärke, die man braucht.

PHOTOGRAPHIE: Technische Aspekte einmal beiseite gelassen – worauf hast du bei der Fotografie besonders geachtet? Was war dir besonders wichtig, im Bild festzuhalten?
Ich habe versucht festzuhalten, dass wir einen Mitmenschen haben – ein kleines Mädchen mit dem Namen Maria. Sie hat gelebt, sie war hier und wir können es beweisen.

PHOTOGRAPHIE: Dein erster Termin, von dem du in einem Blog berichtet hast, liegt nun einige Zeit zurück. Wie sehr beschäftigt dich der Tag noch immer?
Das beschäftigt mich immer wieder und ist schwer auszudrücken. Das geht von zufällig mitgehörten Gesprächen über Schwangerschaften bis hin zu spielenden Kindern auf der Straße. Bei ersterem hofft man, dass alles gut geht, bei letzterem freut man sich für die Kinder, dass sie eine Chance bekommen haben. Wenn es mir schlecht geht, erinnere ich mich auch daran, dass ich eine Chance bekommen habe und, dass das nicht selbstverständlich ist.

PHOTOGRAPHIE: Würdest du einen weiteren Auftrag annehmen?
Ja, habe ich auch gemacht und werde es wieder tun. Es ist hart, aber die wenigsten guten Dinge sind leicht.

Joachim Lehmann, Jahrgang 1986, gebürtiger Hesse, lebt seit Anfang 2011 in seiner Wahlheimat Köln und betreibt die Konzert-, Landschafts- und Hochzeitsfotografie als Hobby und Nebenerwerb
zur hauptberuflichen Tätigkeit in der Prozesskoordination bei einem Aachener Energieversorger. Website: http://www.lehmann-photo.com

Dieses Interview ist zuerst auf der Facebook-Seite des PHOTOGRAPHIE-Magazins veröffentlicht worden. Foto: Paul Lehmann

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