„Sie wollen uns erzählen. Zehn Tocotronic-Songcomics“

Schade, „Delmenhorst“ ist nicht dabei! Wie? Ist gar nicht von Tocotronic? Ups. So, liebe Indieszene, jetzt wisst ihr ungefähr, wie kompetent der Schreiber dieser Zeilen ist, um den neuen Comicband zu besprechen, der gerade vor mir liegt: „Sie wollen uns erzählen – zehn Tocotronic-Songcomics“.

Trotzdem steckte das Buch kürzlich als Rezensionsexemplar in meinem Briefkasten. Der Aufruf, mir einfach mal alles Mögliche gratis zu schicken, ich würde es dann schon besprechen, aber auf keinen Fall zurückschicken, scheint zumindest irgendwo auf fruchtbarem Boden gelandet zu sein. (Weiter so.)

Im Zweifel für den Comic ;)

Erst einmal: Hut ab davor, ein Konzept(comic)album mit so engem Fokus zu machen! Irgendwie schon geil zu sehen, dass dieses Baby, ganz offenbar ein Herzensprojekt (Herausgeber: Michael Büsselberg) das Licht der Welt (Ventil Verlag) erblickt hat. Erster Eindruck nach dem Auspacken: Liegt gut in der Hand, etwas rau, riecht aber leider nicht so gut wie Benzin an der Tankstelle oder n Panini-Sticker, den man gerade abgezogen hat.  

Zwei Latte-Macchiato-Längen später waren die 125 Seiten dann durch – überflogen freilich nur, wie man zuerst auch eine neue Platte gierig durchhört, bevor man sich an das genauere Studium der einzelnen Tracks macht.

Die allergrößte Ehre

Der erste Eindruck: Wie großartig muss es für Dirk von Lowtzow (der für jeden Songcomic eine kleine Einleitung schreibt), Jan Müller und Arne Zank (der einen eigenen elften Zusatzcomic beisteuert) gewesen sein, dieses Buch zum ersten Mal in den Händen gehalten zu haben!? Besteht die größte Ehre für einen Künstler nicht darin, wenn jemand anders die eigene Kunst als Inspirationsquelle nutzt und daraus etwas Neues schafft?

Und genau das haben – Achtung, Luft anhalten – Jim Avignon, Sascha Hommer, Tine fetz, Katja Klengel, Christopher Tauber, Eva Feuchter, Anna Haifisch, Julia Bernhard, Moni Porti, Jan Schmelcher, und Philip Waechter getan. Allesamt Comiczeicher*innen, denen Tocotronic-Songs ganz offensichtlich einmal etwas bedeutet haben (oder noch immer bedeuten) und die diese nun in ganz persönliche Bilder gekleidet haben.  

Back to the headphones!

Zugegeben: Ich bin etwas enttäuscht, dass von den drei Liedern, die mir von Tocotronic wirklich etwas bedeuten – „Im Zweifel für den Zweifel“, „Pure Vernunft darf niemals siegen“ und „Aber hier leben, nein danke“ nur der letztere eine grafische Umsetzung erfahren hat. Dafür höre ich jetzt die anderen nach, während ich diese Zeilen schreibe – einige zum ersten Mal. Und fühle mich ein wenig in die Zeit zurückversetzt, „als Musik noch richtig groß war“ (Olli Schulz).

Schön.


Cover: Ventil-Verlag

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