Auf einen Pinselstrich mit Eva Lamberty

In der losen Reihe „Auf einen Pinselstrich mit“ treffe ich junge Illustratoren und Comic-Künstler. Diesmal: Eva Lamberty.

Ich muss euch mal etwas gestehen. Ich hab mich ein bisschen verliebt. Weil Verliebte aber häufig nur Stuss zu Papier bringen, sitze ich schon seit Monaten hier und suche nach den richtigen Worten. Es geht um Eva. Eigentlich ist Eva eine Fuchsfrau, deren Seele es in die Welt der Menschen verschlagen hat, damit sie zeichnet. In einem Haus aus Beton wohnt sie nur noch, weil sich die Waldelfen bei der Planung ihres Baumhauses heillos verplant haben. Und weil sie noch immer auf der Suche nach dem richtigen Wald mit dem richtigen See und dem richtigen Schlammloch dafür ist.

Irgendwann, ich kannte Eva noch nicht, war da etwas Dunkles in ihrem Leben. Es hatte plötzlich vor ihrer Tür gestanden, so schwarz und weißäugig und verstörend putzig, und ihr einen Untermietvertrag hingehalten (für ein Zimmer, das sie gar nicht besaß). Ich wusste nur deshalb davon, weil ihre Schwester mir einen Link zu Evas Zeichenkeller schickte. „Die Angst am Küchentisch“ hieß der Comic, 26 Seiten, zu lesen hier.

 

Selbstportrait, 2014 © Eva Lamberty

Nachdem ich die Geschichte durch hatte, fühlte ich mich elend. Sie war einfach so gut. So persönlich. So ehrlich. WANN HAST DU ZUM LETZTEN MAL SO ETWAS GESCHAFFEN? Huch. Der Dämon hatte sich von den Panels gelöst und war in mein Ohr gekrochen. In diesem Moment wollte ich alle meine Texte verbrennen in den Windows-Papierkorb schleudern und Gärtner werden. Ich schrieb dann doch lieber Eva.

Natürlich geschah die Kontaktanbahnung nicht ganz uneigennützig. Der Schock hatte mich an ein seit Jahren geplantes, aber immer wieder verschobenes Projekt erinnert, für das ich die Hilfe einer zeichnenden Hand benötigte. Außerdem war mir nun ganz klar, dass ich diese Unbekannte in meinem frisch aus der Taufe gehobenen Blog vorstellen wollte. Eva fand mein Projekt toll, ich freute mich, bis heute ist nichts draus geworden. Egal.

Aber wir unterhielten uns. Schrieben viel, vor allem Unsinn, debattierten über Höhergehendes, Tieferkommendes, rechte Doofies, Utopien und Oma Eusebias Nudelholz.

„Die Angst am Küchentisch“, 2013 © Eva Lamberty
„Die Angst am Küchentisch“, 2013 © Eva Lamberty

Nur über den „Küchentisch“ wollte Eva nicht so gerne reden. Sie war schon wieder weiter gezogen, inhaltlich wie zeichnerisch, hatte die Dunkelheit gebändigt, um jetzt mit ihr zu spielen. Für ein Kinderbuch suchte sie gerade einen Verlag (und wird ihn ein paar Monate später finden). Stadtjunge Jaime und sein Kuscheltier Boo verirren sich im Wald und treffen auf Wesen, wie sie Hayao Miyazaki nicht besser hätte erfinden können. Die Botschaft grün, die Illustration bisweilen alptraumschwarz. Und doch – so paradox es klingt – immer wahnsinnig niedlich.

Vor allem aber haben ihre Zeichnungen seit dem „Küchentisch“ zu fliegen gelernt, vermählen Putzigkeit mit Grausamkeit, wie es sonst nur Kinderseelen vermögen, und sprühen vor Wahnsinn Fantasie. Da düsen Piratenschiffe auf fliegenden Quallen durch den Himmel! Da explodieren Zuckerwattemonster mit lautem Krawumm! Da reißt eine Babyziege Fleisch aus der Leiche eines erfrorenen Tieres. Und da endet die Geschichte dreier Einhörner – endlich einmal! – nicht mit einem Happy End.

„I was totally inspired by the great artwork of Heathen Harnow.“ Gloomy sunday work, 2014 © Eva Lamberty

Klinge ich wie ein Fanboy? Oh ja. Als wir uns Monate später in ihrer Wohnheimat Düsseldorf zum Mittag treffen, ist die Sache mit der beruflichen Distanz endgültig passé. Ich sauge Nudeln durch einen Strohhalm.

“Das dritte Einhorn”, 2014 © Eva Lamberty

Und das kleine Aufnahmegerät, das ich eingepackt habe, lasse ich in meiner Tasche. Eva hat einen Stapel Bücher (u.a. ein paar „Senfgurken“) mitgebracht, wir stöbern gemeinsam durch die Zeichnungen junger Comic-Zeichner und Illustratoren, fantasieren über tausende Projekte, die man mal zusammen machen müsste. Als ich nach ein paar Stunden den Zug besteige, befürchte ich, dass ein objektiver Artikel über diese Zeichnerin jetzt nicht mehr möglich ist. Aber wer will schon objektiv bleiben, wenn er einen tollen Menschen kennengelernt hat?

Frau Lamberty, ich freue mich auf weitere Zusammenarbeit, viele Tees und veganes Gyros!

© Eva Lamberty
© Eva Lamberty

PS: Ein Interview zu Evas „Die Angst am Küchentisch“ ist 2013 bei MyComics.de erschienen. Natürlich hat sie auch einen eigenen Tumblr mit vielen Skizzen und Zeichnungen. Das Buch „In den Wäldern“ gibt es hier.

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